Am 06.06.2024 waren die Zweitzeugen zu Besuch in den beiden evangelischen Religionskursen der Stufe 10. Frau Stölting, Frau Bohn und Frau Klümper von der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit (GCJZ) lieferten uns einige interessante, aber zugleich auch sehr berührende Einblicke. Dazu gehörten allgemeine Informationen über die Lebensumstände von Juden zur Zeit des Nationalsozialismus, aber vor allem persönliche Geschichten, Eindrücke und Berichte von Betroffenen aus Duisburg.
Die GCJZ organisiert seit vielen Jahren Besuche in Duisburg für im Ausland lebende, vertriebene Duisburger Juden. Diese konnten dank der Besuche in Duisburg mithilfe der Mitarbeiter der GCJZ ihre Angst überwinden und endlich wieder in ihre Heimatstadt zurückkehren. Auch wenn es jeweils nur für ein paar Tage war, half es ihnen sehr. Einer dieser Besucher war Leon Jessel, der in Duisburg aufgewachsen ist und Schüler des Steinbart-Gymnasiums war. Leon Jessel floh nach seiner Entlassung aus dem KZ Buchenwald nach England und konnte so überleben. Während der Besuche in Duisburg wurde viel gesprochen: Über das Vergangene und das Erlebte. Es wurden viele Geschichten ausgetauscht, die heute immer noch weitererzählt werden. Damit diese schlimme Zeit und deren Opfer nie vergessen werden.
Einige dieser Erlebnisse und Geschichten haben Frau Stölting, Frau Bohn und Frau Klümper uns bei ihrem Besuch erzählt. Deshalb gelten sie auch als Zweitzeugen und nicht als Zeitzeugen. Der Unterschied: Zeitzeugen waren bei einem Geschehnis selbst dabei, Zweitzeugen erzählen die Geschichten von Zeitzeugen weiter.
Frau Stölting hat einen Zeitzeugenbericht vorgelesen, geschrieben von Frau Dr. Rosemarie Vogelsang anlässlich einer Gedenkstunde am 09.11.2013, in dem Dr. Vogelsang über persönliche Erlebnisse von sich und anderen Duisburger Juden schreibt. Hauptsächlich berichtet sie über Erlebnisse ihres Vaters, wie sie selbst als Jüdin die Pogromnacht 1938 erlebt hat und wie sie einen Großtransport von Juden auf ihrem Schulweg am Hauptbahnhof beobachtet hat, der, wie sie später herausfand, zum KZ nach Riga fuhr.
Frau Dr. Vogelsang schreibt auch über eine andere Familie: Die Familie Klestadt, die einst nahe unserer Schule auf der Nahestraße wohnte. Die Töchter Gerda und Ilse Klestadt sind auf dem obigen Foto abgebildet. Kurz vor Kriegsbeginn konnten Gerda und Ilse 1939 getrennt voneinander nach England fliehen und überlebten so den Nationalsozialismus. Ihr Vater starb in Riga in einem Vergasungswagen, die Mutter in Duisburg durch die Hand eines SS-Beamten. Das Bild wurde am 13.11.2014 dem Zentrum für Erinnerungskultur Duisburg übergeben.
Die Zeit mit den Zweitzeugen war sehr wertvoll. Es sind Geschichten, die berühren, die man nicht vergessen wird und die einen zum Nachdenken bringen. Durch die Erzählung dieser persönlichen Geschichten an für uns bekannten Orten, bekamen wir einen viel besseren Eindruck dieser Ereignisse – viel realer, als wenn man nur die reinen Fakten im Geschichtsbuch liest.
Wir sind Frau Stölting, Frau Bohn und Frau Klümper sehr dankbar für ihren Besuch und hoffen, dass noch viele andere Schüler:innen die Möglichkeit haben, die Erzählungen zu hören. Um daraus zu lernen. Damit sich das alles nie wieder wiederholt.
– Emma Riona Tischbirek –